Worum geht es?
Alleinerziehende als Familie II. Klasse?
Die derzeitige Besteuerung nach Familienform ist ungerecht. Das Ehegattensplitting bevorzugt die Ehe gegenüber anderen Familienformen, wie nicht eheliche Lebensgemeinschaften und Alleinerziehende. Zwar gibt es einen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, allerdings ist dieser viel zu niedrig. Seit 2004 stagniert die Steuerklasse II für Alleinerziehende bei 1.308 Euro. Dieser Entlastungsbetrag ist in den Tarif der Steuerklasse II eingearbeitet, so dass Alleinerziehende im laufenden Jahr weniger Steuern zahlen. Die tatsächliche Entlastung bewegt sich zwischen 324 und 564 Euro pro Jahr. Das empört Alleinerziehende, da sie den Vergleich zu Ehepaaren ziehen: Deren Entlastung durch das Ehegattensplitting liegt bei bis zu 15.000 Euro im Jahr, unabhängig davon, ob sie Kinder haben. Dabei hatte 1958 der Gesetzgeber die steuerliche Entlastung von Alleinerziehenden als Gegenstück zum Ehegattensplitting eingeführt und vergleichbar ausgestaltet. Ist es gerecht, wenn heute der Trauschein so viel stärker honoriert wird als das Aufziehen von Kindern unter erschwerten Voraussetzungen?
Besteuerung nach Familienform ist ungerecht!
Die Antwort von Alleinerziehenden ist eindeutig: Nein, das ist nicht fair! Ja, Ehe und Familie stehen unter dem Schutz des Grundgesetzes - das bedeutet aber nicht, dass Einelternfamilien schlechter gestellt werden müssen! Alleinerziehende sind keine Singles, sie fühlen sich und ihre Kinder im Steuerrecht zur Familie II. Klasse degradiert.
Familien fördern stattTrauschein!
Für viele kaum nachzuvollziehen, geht es beim Splitting gar nicht darum, Familie und Kinder zu fördern. Sondern es soll sicher stellen, Ehen unabhängig von der Verteilung des Einkommens zwischen den Ehegatten bei gleichem Gesamteinkommen gleich zu besteuern. Die Politik hat dafür den Begriff der "Wahlfreiheit" geprägt. Alleinerziehende haben allerdings keine Wahlfreiheit, um jenseits von Armut zu leben. Als Familienernährer/-innen wollen und müssen sie für das Auskommen ihrer Familie sorgen. Anders als Ehepaare sind Alleinerziehende unter unzureichenden Rahmenbedingungen allein verantwortlich für Erziehung, Haushalt und Erwerb. Gerade jene, die keine Wahl haben, müssen vom Staat unterstützt werden. Der Entlastungsbetrag sollte stärker dafür sorgen, eine Kompensation für die erhöhte zeitliche und psychosoziale Belastung und das erhöhte Armutsrisiko zu schaffen.
Steuerklasse II erhöhen!
Um wenigstens im Eingangssteuerbereich eine vergleichbare steuerliche Entlastung von Alleinerziehenden mit Ehepaaren zu erreichen, muss die Höhe des Entlastungsbetrags an den Grundfreibetrag (derzeit 8.354 Euro) gekoppelt und regelmäßig angepasst werden. Dann würde bei einem Bruttoeinkommen von 20.000 Euro jährlich die reine Entlastung durch die Steuerklasse II von 398 Euro auf 2.335 Euro steigen. Bei 30.000 Euro Bruttolohn hätte eine Alleinerziehende statt 465 Euro am Ende des Jahres 2.570 Euro raus. Mit einem Bruttoeinkommen von 40.000 Euro würde sich die Entlastung von derzeit 532 Euro auf 3.212 Euro erhöhen.
Alleinerziehende als gleichwertige Familie anerkennen!
Langfristig fordert der VAMV die Umgestaltung des bestehenden Steuersystems zu einer Individualbesteuerung und die Förderung von Kindern durch eine Kindergrundsicherung. Solange es das Ehegattensplitting gibt, muss der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende allerdings an den Grundfreibetrag gekoppelt werden. Der Gesetzgeber sollte endlich seinen Gestaltungsspielraum nutzen, um Alleinerziehende und ihre Kinder nicht länger in der Steuer zur Familie II. Klasse zu machen. Alleinerziehende wollen endlich von der Politik als gleichberechtigte Familienform anerkannt, wertgeschätzt und gefördert werden. Die Erhöhung des Entlastungsbetrages ist ein wichtiger Schritt dorthin!