<p>KLARE ARGUMENTE DAFÜR ODER DAGEGEN</p>
Positionen

KLARE ARGUMENTE DAFÜR ODER DAGEGEN

Reform des familiengerichtlichen Verfahrens

Gemeinsame Stellungnahme vom 10. Oktober 2007 zur FGG-Reform

Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) Bundesverband e.V.
Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe Frauen gegen Gewalt e.V.
Frauenhauskoordinierung e.V.
Kommunikationszentrum für Frauen zur Lebens- und Arbeitssituation (Kofra)
Zentrale Informationsstelle autonomer Frauenhäuser (ZIF)
Prof. Dr. Marianne Breithaupt, Fachhochschule Landshut
Prof. Dr. Sybilla Flügge, Fachhochschule Frankfurt a. M.
Dr. Anita Heiliger
Dr. Kerima Kostka
Prof. Dr. Ludwig Salgo, Fachhochschule und Universität Frankfurt a. M.
Prof. (em.) Dr. Dr. Gisela Zenz, Universität Frankfurt a. M.
Evangelische Aktionsgemeinschaft für Familienfragen (EAF) e.V.

Gemeinsame Erklärung zum Regierungsentwurf
zur FGG-Reform (FGG Reg-E)

Vorbemerkung

Aus der Vielzahl der in dem Gesetz enthaltenen Veränderungen sollen im Folgenden nur die Problemfelder herausgegriffen werden, die den Schutz der Persönlichkeitsrechte der Kinder und ihrer betreuenden Elternteile betreffen.

Die Neuordnung der familiengerichtlichen Verfahren sollte zum Anlass genommen werden, den Schutz von Gewaltopfern auch in diesen Verfahren formell zu sichern. Zudem sollte sich der Gesetzgeber die Erkenntnisse der Scheidungsfolgenforschung zu nutze machen, um das Wohl von Kindern bestmöglich zu sichern.

Es fällt auf, dass der Gesetzentwurf ausdrücklich die Zusammenführung zerstrittener Eltern und deren Versöhnung herbei zu führen versucht, während den Situationen, in denen vorangegangene und angedrohte Gewalthandlungen jede Zusammenführung zum Risiko werden lassen und eine Versöhnung weder möglich noch anzuraten ist, zu wenig Rechnung getragen wird.

Bedenklich ist auch, dass in hoch streitigen Umgangsverfahren noch mehr als bisher auf das Mittel der Androhung empfindlicher Übel gesetzt wird, während die Anhörung der Kinder, zu deren Lasten die angedrohten Sanktionen und auch die unter Druck erfolgenden Einigungen gehen können, in den "Vermittlungsverfahren" nicht vorgesehen ist.

Der Entwurf legt es den Familiengerichten nahe, einen Umgang auch dann anzuordnen, wenn eine Gefährdung des Kindes geltend gemacht wurde, diese Gefährdungssituation aber noch einer näheren Aufklärung bedarf (§ 156). Gegen eine solche Entscheidung sollen Rechtsmittel nicht möglich sein (§ 57). Dem liegt offenbar die Vorstellung zu Grunde, dass eine Unterbrechung des Umgangskontaktes zu dem getrennt lebenden Elternteil in jedem Fall schädlicher ist als die von diesem Elternteil möglicherweise ausgehende Gefahr. Für diese Unterstellung gibt es keine wissenschaftlichen Belege. Umgekehrt gibt es zahlreiche gut belegte empirische Studien, die die psychischen Beeinträchtigungen durch erzwungene Umgangskontakte belegen, wenn dadurch das Kind extremen Loyalitätskonflikten ausgesetzt wird - ganz zu schweigen von den körperlichen und psychischen Misshandlungen bis hin zum Mord, die gerade in akuten Trennungssituationen nicht ganz selten sind.

Angesichts dieser hohen Bewertung des Umgangskontakts für das Kindeswohl wirkt es besonders befremdlich, dass im Gesetzentwurf nach wie vor jede Erwähnung der Problematik fehlt, die sich aus einer Verweigerung des Umgangs oder einer unzuverlässigen Wahrnehmung des Umgangsrechts durch den Umgangsverpflichteten ergibt. Die zu Recht bedauerten Kontaktabbrüche zwischen Kindern und einem getrennt lebenden Elternteil haben in den meisten Fällen hier ihre Ursache.

Durch die Streichung des 6. Buches der ZPO entfällt mit den Regelungen über die "einverständliche Scheidung" (§ 630 ZPO) jede Verpflichtung der Eltern, sich Klarheit darüber zu verschaffen, wie sie sich die Zukunft ihrer Kinder, die Ausübung der elterlichen Sorge, des Umgangsrechts und die finanzielle Sicherung der Kinder und ggf. des betreuenden Elternteils vorstellen. Die in § 128 vorgesehene Erörterung in der mündlichen Verhandlung kann die Klärung dieser für die Kinder existenziellen Fragen im Verfahren nicht ersetzen, zumal die buchstäblich existenziellen Fragen der Existenzsicherung des Kindes und seiner Betreuungsperson in Zukunft nicht mehr in den Zusammenhang der Sorge- und Umgangsregelungen gestellt werden sollen. So werden die Kinder und ihr weiteres Schicksal im Scheidungsverfahren  buchstäblich unsichtbar.

Aus der Scheidungs- und Gewaltforschung ist bekannt, dass das Streitniveau und die Bedrohung durch Expartner, selten auch Expartnerinnen, unmittelbar nach der Trennung besonders hoch ist. In einer solchen Situation ist - auch unter Einsatz sozialpädagogischer Beratungsangebote - eine schnelle friedliche Beilegung der Konflikte illusionär. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Zusammenführung des Partners und der Partnerin im Gerichtssaal oder bei erzwungenen Umgangskontakten können zu einer erheblichen Vergrößerung der Gefährdungssituation beitragen. Hier steht das Gericht in der Pflicht, auch die physische und psychische Gesundheit der von Gewalt bedrohten Person sicher zu stellen.

Zur Beruhigung der Situation und Reduzierung der Bedrohung kann im Einzelfall neben der räumlichen Trennung der Parteien auch die schnelle Scheidung erforderlich sein. Diesen Aspekten wird im vorliegenden Entwurf nirgends Rechnung getragen.

Der Gesetzentwurf scheint in mancher Hinsicht die Philosophie des in der Praxis stark umstrittenen, wissenschaftlich noch nicht unabhängig evaluierten "Cochemer Modells" verwirklichen zu wollen. Mit dieser Stellungnahme werden dadurch erzeugte Schwachstellen des Entwurfs aufgezeigt.

Auch in der Gesetzesbegründung sollte eine Festlegung auf ein bestimmtes Modell vermieden werden. Der Passus "Elemente des sog. Cochemer Modells" sollte daher durch "Elemente gerichtsnaher Beratungsmodelle" ersetzt werden.

Änderungsbedarfe im FGG-Reformgesetz

Buch 1 Allgemeiner Teil

§ 81 Grundsatz der Kostenpflicht


Hier wird geregelt, dass das Gericht in bestimmten Situationen die Verfahrenskosten einer/einem Beteiligten allein auferlegen kann. Einer der Beispielsfälle sieht diese Kostenfolge vor, wenn "der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Abs. 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist". Dabei handelt es ich um  die "Beratung durch die Beratungsstellen und -dienste der Träger der Kinder- und Jugendhilfe insbesondere zur Entwicklung eines einvernehmlichen Konzepts für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge und der elterlichen Verantwortung". Hier wird - anders als  bei der in § 150 i.V.m. § 135 geregelten Kostenfolge, bei der die Teilnahme an einem Informationsgespräch eingefordert wird - ein unmittelbarer Zwang zur Beratung ausgeübt. Dies ist nicht nur die denkbar ungünstigste Voraussetzung für eine in der Praxis haltbare Einigung, es widerspricht auch den ethischen Standards für Beratungen und dem Persönlichkeitsrecht der Beteiligten. Auch hier wird die eigene Stimme der Kinder ausgeblendet.

In § 81 Abs.2 ist daher die Ziffer 5 zu streichen.

§ 89 Ordnungsmittel

Die Unterzeichner/innen lehnen Ordnungsgeld und Ordnungshaft zur Durchsetzung von Umgangsregelungen und Herausgabe von Personen ausdrücklich ab. Diese Mittel belasten die Situation eines betroffenen Kindes in nicht zu verantwortendem Ausmaß. Nicht nur wird es durch eine Einschränkung der finanziellen Mittel des betreuenden Elternteils, erst recht durch deren Inhaftierung mit betroffen. Ein nicht zu verantwortender psychischer Druck wird auch dadurch erzeugt, dass das Kind vom betreuenden Elternteil zu einem Verhalten aufgefordert oder gezwungen werden soll, das diese primäre Bezugsperson für schädlich hält. Das Kind sieht sich so nicht nur einem Loyalitätskonflikt zwischen den Eltern sondern auch einer klassischen double-bind-Situation ausgesetzt.

§ 89 und § 90 Abs.1 Nr. 1 und 2 sind deshalb zu streichen

Buch 2 Verfahren in Familiensachen

Abschnitt 2 - Verfahren in Ehesachen, Scheidungssachen und Folgesachen

§ 128 Persönliches Erscheinen der Ehegatten


Anordnungen im gerichtlichen Verfahren dürfen keinesfalls zu Lasten der Sicherheit der Beteiligten ergehen. Eine getrennte Anhörung ist immer dann erforderlich, wenn eine Person sich subjektiv bedroht fühlt. Außenstehenden ist es sehr oft nicht möglich, eine reale Gefährdungssituation zu erkennen, da die Täter sozial oft besonders angepasst sind und nach außen hin keine Auffälligkeiten zeigen. Das BVerfG hat die Notwendigkeit und den daraus resultierenden Rechtsanspruch auf eine getrennte Anhörung in seiner Entscheidung vom 18.12.2003 (Az.: 1 BvR 1140/03) ausdrücklich bekräftigt.

 § 128 Abs. 1 Satz 2 sollte daher heißen:
"Das Gericht hört die Ehegatten getrennt an, wenn dies im berechtigten Interesse oder zum Schutz einer oder eines Beteiligten notwendig erscheint."

 § 133 Abs. 1 Inhalt der Antragsschrift

Hier sollte die bisherige Regelung des § 630 ZPO in das FGG übernommen werden, um sicher zu stellen, dass Eltern sich über die Zukunft ihrer Kinder Klarheit verschaffen, die entsprechenden Vereinbarungen treffen oder die notwendigen Anträge stellen.

    § 133 Abs. 1 sollte daher folgende Ziffer 2 erhalten (Ziffer 2 würde Ziffer 3):
"die Angabe, welche Regelungen die Beteiligten in Hinblick auf die elterliche Sorge, das Umgangsrecht, den Unterhalt des Kindes und seiner Betreuungsperson getroffen haben oder treffen möchten."

 § 136 Aussetzen des Verfahrens

Hier wird die zwingende Regelung eingeführt, dass das Scheidungsverfahren auszusetzen ist, wenn ein Ehegatte dies beantragt. Dies mag zum Schutz der Ehe in vielen Fällen sinnvoll erscheinen. Anders ist die Lage, wenn die Antragsmöglichkeit genutzt wird, um die Partnerin oder den Partner zu erpressen oder weiter zu misshandeln. Frauen, die vor einem gewalttätigen Partner fliehen, haben nicht selten die berechtigte Hoffnung, dass der Partner von ihnen ablassen wird, wenn er von "seiner" Frau geschieden wurde. Kann er diese Scheidung durch einen einfachen Antrag herauszögern, ist zu befürchten, dass er diese Möglichkeit zu Lasten der Sicherheit und Gesundheit der Frau und ggf. der Kinder nutzen wird.

     § 136 Abs. 2 ist daher ersatzlos zu streichen oder in eine Sollvorschrift umzuwandeln.

 § 140 Abtrennung

Dem Gericht wird nur in genau bezeichneten Ausnahmefällen die Möglichkeit gegeben, Folgesachen vom Scheidungsverfahren abzutrennen. Ein solcher Grund kann sich zum Beispiel aus einer Kindeswohlgefährdung ergeben (Abs. 2 Ziff. 3), keine Berücksichtigung findet die Sicherheit der Ehepartnerin. Nicht selten ergibt sich die Notwendigkeit, die Scheidung so schnell als möglich durchzuführen, um Frauen aus der Gewalt ihres Ehemannes zu befreien. Die Zulassung des Scheidungsverfahrens vor Ablauf des Trennungsjahres (§ 1565 BGB), verbunden mit Verfügungen nach dem Gewaltschutzgesetz reichen hier oftmals nicht aus, notwendig ist vielmehr die beschleunigte Scheidung durch Abtrennung streitiger Folgesachen, insbesondere aber vor einer Entscheidung über den Versorgungsausgleich.

     § 140 Abs. 2 Ziffer 4 sollte daher durch folgende Ziffer 5 (neu) ergänzt werden:
"wenn eine Verfügung nach dem Gewaltschutzgesetz erging und durch den Ausspruch der Scheidung das weitere Gefährdungsrisiko gesenkt werden kann,"

 Abschnitt 3 - Verfahren in Kindschaftssachen

§ 154  Abgabe bei einseitiger Änderung des Aufenthaltes des Kindes


 Eine einseitige Änderung des Aufenthalts erfolgt in der Praxis aus schwerwiegenden Gründen, wie etwa als Schutzmaßnahme bei häuslicher Gewalt oder dem Verdacht des sexuellen Missbrauchs. Auch wenn die Norm als Kann-Vorschrift formuliert ist, bleibt der Ermessensspielraum des Gerichts unklar. Aus der Begründung geht hervor, dass die Abgabe dann nicht vorzunehmen sei, wenn die einseitige Änderung des Aufenthaltes wegen Gewalt oder Drohungen gerechtfertigt war. Aus Sicht des Kindes ist es aber in den meisten Fällen sinnvoller, wenn das Verfahren durch das zuständige Jugendamt und Gericht des neuen Wohnortes erfolgt.

     § 154 ist daher ersatzlos zu streichen oder durch folgende Formulierung zu ergänzen: "…zusteht, wenn der Wegzug zum Schutz vor Gewalt oder Drohung des anderen Elternteils erforderlich war oder wenn andere billigenswerte Gründe für den Wegzug vorgelegen haben."

§ 155 Vorrang- und Beschleunigungsgebot

§ 155 Abs. 1


Es ist grundsätzlich sinnvoll, dass Verfahren in Kindschaftssachen vorrangig und beschleunigt durchgeführt werden. Es gibt jedoch Fälle, in denen eine sorgfältige Prüfung des Sachverhalts angezeigt ist, die unter Umständen mehr Zeit in Anspruch nimmt. So ist es bei komplexen Gefährdungslagen insbesondere in hoch streitigen Fällen den Jugendämtern in der Regel nicht möglich, innerhalb eines Monats eine Diagnose zu stellen und valide Lösungsvorschläge zu erarbeiten.

In hochstrittigen Fällen kann auch ein Aussetzen des Umgangs für das Kind hilfreich sein, und sich positiv auf die Befriedung der Situation auswirken. Die in der Gesetzesbegründung angeführte Gefahr der "Entfremdung" bei Verzögerung des Umgangs verkennt, dass tragfähige Lösungen im Interesse des Kindes auch Zeit erfordern können. Für die Annahme, dass die vorläufige Unterbrechung von Umgangskontakten zu einer "Entfremdung" führt, gibt es keine wissenschaftlichen Belege. Vielmehr kann die Beziehung des Kindes zum getrennt lebenden Elternteil durch erzwungene und äußerst konfliktreich erlebte Kontakte dauerhaft untergraben werden.

Bei häuslicher Gewalt sind regelmäßig beschleunigte Entscheidungen zur Sicherstellung des unmittelbaren Schutzes der betroffenen Frauen und Kinder erforderlich. Gleichzeitig ist aber auch mit ausreichend Zeit und behutsam an Umgangs- oder Aufenthaltsregelungen heranzugehen, die die Auswirkungen der häuslichen Gewalt auf die Entwicklung der Kinder berücksichtigen.

     § 155 Abs. 1 sollte daher folgende Fassung erhalten:
 "Verfahren, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, sind unter Wahrung der berechtigten Interessen aller Beteiligten vorrangig und beschleunigt durchzuführen. Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls sind immer vorrangig und beschleunigt durchzuführen."

§ 155 Abs. 3:

Die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Verfahrensbeteiligten sollte aus den bei §128 genannten Gründen um folgenden Satz 2 ergänzt werden:

     "Das Gericht hört die verfahrensfähigen Beteiligten getrennt an, wenn dies im berechtigten Interesse oder zum Schutz einer oder eines Beteiligten notwendig erscheint."

§ 156 : Hinwirken auf Einvernehmen

Wir erkennen an, dass in der Begründung (Seite 526) darauf hingewiesen wird, dass ein Hinwirken auf ein Einvernehmen in Kindschaftssachen, die die elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung, den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, nicht in Betracht kommt, wenn dies dem Kindeswohl nicht entspricht, z.B. in Fällen häuslicher Gewalt. Damit wird zum einen auf den Zusammenhang zwischen Kindeswohl und häuslicher Gewalt hingewiesen, zum anderen aber auch deutlich, das sich die Trennungssituation der Kinder und Frauen, die von häuslicher Gewalt geprägt ist, erheblich von den Situationen sonstiger konfliktträchtiger Trennungen unterscheidet. Sie erlaubt in der Regel selten einvernehmliche Regelungen. Das den kindschaftsrechtlichen Regelungen innewohnende Leitbild der gemeinsamen, kooperativen Elternschaft auch nach einer Trennung und damit verbunden die Fähigkeit, Konflikte auf der Paarebene von der Elternebene zu trennen, entspricht nicht den Mechanismen, die in einer gewaltgeprägten Lebens- und Familiensituation herrschen und in der Trennungsphase weiterwirken.

Die Beziehung zwischen Gewalttäter und seiner Partnerin sind von einem Macht- Ohnmachtverhältnis geprägt, welches sich auch auf die Kinder auswirkt. Der gewalttätige Elternteil hat sich oft über einen längeren Zeitraum über Rechte und Grenzen von Partnerin und Kind hinweg gesetzt und ihnen körperliche und seelische Verletzungen zugefügt.

Das Risiko erneuter Misshandlungen von Frauen und Kindern ist in der akuten Trennungsphase enorm erhöht. Empirische Untersuchungen zeigen, dass in der Trennungsphase für betroffene Frauen ein besonders hohes Risiko besteht, erheblich verletzt oder sogar getötet zu werden. Gefährlich können auch Besuchsregelungen sein.

Im Gesetzestext sollte deshalb zum Ausdruck kommen, dass ein Hinwirken auf ein Einvernehmen nicht in jeder Lage des Verfahrens in Betracht kommt. 

     In § 156 Abs. 1 sollten deshalb die Worte "in jeder Lage des Verfahrens" gestrichen werden.

§ 156 Abs. 1 Satz 2

Hier sollte wie bisher der Zusammenhang zwischen einer einvernehmlichen Regelung des Sorge- und Umgangsrechts auf der einen Seite, der unterhaltsrechtlichen Absicherung des Kindes und seiner primären Betreuungsperson auf der anderen Seite berücksichtigt werden.

      § 156 Abs. 1 Satz 2 sollte lauten:
"Es weist auf Möglichkeiten der Beratung durch die Beratungsstellen und -dienste der Träger der Kinder- und Jugendhilfe insbesondere zur Entwicklung eines einvernehmlichen Konzepts für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge und der elterlichen Verantwortung sowie der damit verbundenen Unterhaltsverpflichtungen hin."

§ 163 Abs. 2 Inhalt des Gutachtenauftrags

Eine derartige Vermischung der Rollen des/r Sachverständigen in einem Verfahren wird abgelehnt. Es führt zu einer Rechtsunsicherheit bei Eltern, wenn der/die Sachverständige innerhalb des Verfahrens seine/ihre Rollen wechselt und neben seiner/ihrer Begutachtung auch die Rolle einer vermittelnden Person übernimmt. Beiden liegen unterschiedliche Aufgaben und Anforderungen zu Grunde. Eltern müssen eine Rechtssicherheit darüber haben, welche Funktion und Aufgabe der oder die Sachverständige in ihrem Verfahren hat.

     § 163 Abs. 2 ist daher zu streichen.

§ 165 Vermittlungsverfahren

§ 165 Abs. 1: Konflikte bei der Umsetzung des Umgangsrechts ergeben sich nicht ausschlie0lich aus einer Verweigerungshaltung. Vielmehr wird eine Verweigerungshaltung in vielen Fällen erst durch den Umgangsberechtigten provoziert, indem dieser die Autorität der Betreuungsperson untergräbt oder in anderer Weise die Erziehungsbemühungen des für das Kind sorgenden Elternteils erschwert oder vereitelt. Auch solche Verhaltensweisen sollten im Vermittlungsgespräch thematisiert werden.

      § 165 Abs. 1 Satz 1 sollte daher wie folgt ergänzt werden:
"Macht ein Elternteil geltend, dass der andere Elternteil die Durchführung einer gerichtlichen Entscheidung oder eines gerichtlich gebilligten Vergleichs über den Umgang mit dem gemeinschaftlichen Kind verweigert, vereitelt oder erschwert, oder gegen seine Verpflichtungen aus  § 1684 Abs. 2 verstößt, vermittelt das Gericht auf Antrag eines Elternteils zwischen den Eltern."

§ 165 Abs. 2: Das Vermittlungsverfahren bei Schwierigkeiten mit der Umsetzung des Umgangsrechts wird in der Regel dann stattfinden, wenn ein Elternteil und / oder ein Kind den Kontakt zum anderen Elternteil aus subjektiv schwerwiegenden Gründen ablehnt. Nicht selten liegen dem Gewalterfahrungen und die Angst vor weiteren Gewalthandlungen zugrunde. Aber auch unüberwindliche Aggressionen zwischen den Beteiligten können psychische und physische Schädigungen des Kindes, ggf. auch des betreuenden Elternteils, zur Folge haben, die zu einer Verweigerung des Umgangs Anlass geben. Gerade in diesen extrem konfliktbeladenen Situationen ist es notwendig, auch dem Kind eine eigene Stimme zu geben, damit es nicht ausschließlich zum Objekt im Elternstreit degradiert wird.

§ 165  gehört systematisch eigentlich hinter § 157. Dann wäre klar, dass auch die Grundsätze über die Anhörung des Kindes und dessen Informationsrecht (§§ 159, 164) auf das Vermittlungsverfahren anwendbar sind.

     § 165 Abs. 2 sollte um folgenden Satz 3 (neu) ergänzt werden:
"Zu diesem Termin ordnet das Gericht das persönliche Erscheinen der Eltern an. Das Gericht hört die Eltern getrennt an, wenn dies im berechtigten Interesse oder zum Schutz einer oder eines Beteiligten notwendig erscheint. §§ 159 und 164 sind entsprechend anwendbar."

      § 165 Abs. 2 Satz  4 (alt Satz 3) sollte wie folgt ergänzt werden:
In geeigneten Fällen lädt das Gericht auch das Kind und das Jugendamt zu dem Termin.

§ 165 Abs. 3: Hier werden genaue Vorgaben zum Inhalt des Vermittlungsgesprächs gemacht. Diese zielen inhaltlich ausschließlich auf ein etwaiges Fehlverhalten des Elternteils ab, der das Kind betreut. Verletzungen des durch gerichtliche Entscheidung geregelten Umgangsrechts können jedoch in einer für das Kind und seine Betreuungsperson äußerst schädlichen Weise auch durch den Umgangsberechtigten erfolgen, sei es, dass er den Umgang nicht oder nur sehr unzuverlässig wahrnimmt oder dass er durch sein Verhalten das Vertrauensverhältnis des Kindes zum betreuenden Elternteil oder dessen Erziehungsbemühungen untergräbt. Eine Vermittlungsbemühung, die derartige Verfehlungen nicht berücksichtigt, ist von vorn herein zum Scheitern verurteilt.

      § 165 Abs. 3 Satz 2 sollte daher wie folgt ergänzt werden:
"Es weist auf die Rechtsfolgen hin, die sich ergeben können, wenn der Umgang nicht oder nur unzuverlässig ausgeübt oder vereitelt oder - zum Beispiel durch einen Verstoß gegen die Verpflichtungen aus § 1684 Abs. 2 BGB - erschwert wird, insbesondere (...)"

Nach § 207 Erörterungstermin in Wohnungszuweisungs- und Hausratsachen

Entscheidungen in Wohnungszuweisungssachen nach § 1361 b BGB ergehen häufig in Situationen, die bei Nicht-Verheirateten nach § 2 GewSchG zu entscheiden wären. Dementsprechend sollten hier die gleichen Bestimmungen über das Verfahren der Einstweiligen Anordnung Anwendung finden, wie in § 214, bei den Bestimmungen über das Verfahren nach dem GewSchG, geregelt.

Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, nach § 207 analog zu § 214 einen neuen  § 208 (neu) Einstweilige Anordnung einzufügen:

"(1) Auf Antrag soll das Gericht durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Regelung treffen. Ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden liegt in der Regel vor, wenn eine Tat nach § 1 des Gewaltschutzgesetzes begangen wurde oder aufgrund konkreter Umstände mit einer Begehung zu rechnen ist.
(2) Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung gilt im Fall des Erlasses ohne mündliche Erörterung zugleich als Auftrag zur Zustellung durch den Gerichtsvollzieher unter Vermittlung der Geschäftstelle und als Auftrag zur Vollstreckung; auf Verlangen des Antragstellers darf die Zustellung nicht vor der Vollstreckung erfolgen."