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Keine Abänderung der Sorgerechtsentscheidung, nur weil Kind bei Verwandten im Ausland aufwächst

Oberlandesgericht Köln

Beschluss vom 19.10.2004

Norm: § 1696 Abs.1 BGB, 1684 Abs. 4 S. 2 BGB, § 1686 BGB

Schlagworte:

 

Abänderung einer Sorgerechtsentscheidung, Aufwachsen des Kindes bei Verwandten im Ausland, kein Ferienumgang gegen den Kindeswillen, Auskunftsrecht

Redaktionelle Zusammenfassung

Der Vater des zwölfjährigen Kindes beantragt eine Änderung der bei der Scheidung getroffenen Sorgerechtsentscheidung, nach der die Mutter die Alleinsorge für das Kind innehat. Grund für den Antrag ist, dass die Mutter das Kind über längere Zeit bei Verwandten im Ausland aufwachsen lässt. Das Gericht hat den Antrag des Vaters auf Änderung der Sorgerechtsentscheidung abgelehnt und die Alleinsorge für das Kind bei der Mutter belassen.

Das Kind lebt auf eigenen Wunsch seit drei Jahren bei Verwandten in Singapur. In Deutschland fühlte es sich ohne Spielkameraden in der Nachbarschaft einsam und äußerte deshalb den Wunsch, bei seinen Cousins und Cousinen zu leben. Laut Sozialbericht des Internationalen Sozialdienstes hat sich das Kind gut eingelebt, seine schulischen Leistungen sind gut, es ist selbstbewusst und die Verwandten begleiten sehr gewissenhaft seine physische, emotionale und soziale Entwicklung. Das Verhältnis zu seiner Mutter ist von starker Zuneigung geprägt, sie überwacht die Fremdbetreuung durch schriftliche und telefonische Kontakte mit dem Kind und den Verwandten und durch regelmäßige jährliche Besuche in Singapur. In der Zukunft würde das Kind gerne wieder mit der Mutter zusammenleben. Diese erwägt, mit ihm nach Australien auszuwandern, sobald es bestimmte Abschlussprüfungen in Singapur absolviert hat.

Zu seinem Vater hat das Kind nie eine Beziehung gehabt und auch nicht den Wunsch danach. Es hat geäußert, bei seinem Vater nicht leben zu wollen.

Ein Wechsel des Kindes zum Vater wäre mit einer einschneidenden Umstellung verbunden. Da dieser auf den Kanarischen Inseln lebt, müsste es sich nochmals auf ein anderes Land, eine andere Sprache und ein anderes Lebensumfeld einstellen.

§ 1696 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch setzt für eine Änderung einer Anordnung voraus, dass die Änderung aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Dazu müssten die Vorteile der Änderung die Nachteile der Änderung deutlich überwiegen. Dies konnte das Gericht im vorliegenden Fall nicht feststellen, da die Änderung der Sorgerechtsregelung zugunsten des Vaters bereits keine Vorteile für das Kind bringen würde. Die von der Mutter in Ausübung ihres Sorgerechtes getroffene Entscheidung, das Kind bei Verwandten in geordneten Verhältnissen aufwachsen zu lassen, dient hingegen dem Kindeswohl.

Ein Antrag des Vaters, ihm ein Umgangsrecht für die ersten zwei Wochen der Sommerferien und die ersten zwei Wochen der Winterferien einzuräumen, wurde ebenso abgelehnt, wie der Antrag auf zweiwöchentlichen Telefonkontakt.

Ein Ferienumgang setzt in jedem Fall ein gutes und vertrauensvolles Verhältnis zwischen dem Kind und dem umgangsberechtigten Elternteil voraus, das nur durch bereits erfolgte kontinuierliche Umgangskontakte geschaffen werden kann. Das Wohl des Kindes wäre gefährdet, wenn es wie hier gezwungen würde, übergangslos im Sommer und im Winter je zwei Wochen mit einem ihm faktisch unbekannten Vater zu verbringen, den es überdies ablehnt.

In Betracht käme allenfalls eine behutsame Anbahnung von Umgangskontakten, gegebenenfalls in Anwesenheit dritter Personen - dies ist wegen der großen räumlichen Entfernung derzeit allerdings nicht durchführbar.

Auch telefonische Kontakte sind nach dem Stand der Dinge nicht mit dem Kindeswohl vereinbar, da das Kind jeglichen Kontakt mit seinem Vater ablehnt.

Erfolg hatte der Vater lediglich mit einem Antrag auf Auskunft gemäß § 1686 Bürgerliches Gesetzbuch. Bei großer räumlicher Entfernung und ohne Besuchskontakte ist das Auskunftsrecht die einzige Möglichkeit des Vaters, seiner elterlichen Verantwortung gerecht zu werden. Das Gericht verfügte, dass die Mutter dem Vater jedes halbe Jahr über die schulische Entwicklung, die gesundheitliche Situation und die persönliche Lebenssituation seines Kindes Auskunft geben muss. Außerdem verpflichtete es die Mutter zur jährlichen Übersendung eines aktuellen Lichtbildes und zur sofortigen unaufgeforderten Mitteilung lebensbedrohlicher Erkrankungen oder Unfallverletzungen sowie zur Mitteilung der neuen Anschrift bei jedem Wohnortwechsel.

Diese Entscheidung im Original nachlesen

http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/koeln/j2004/4_U…