<p>WIR SIND FÜR SIE DA!</p>
Service

WIR SIND FÜR SIE DA!

Zur Verwirkung von Unterhaltsansprüchen durch Aufnahme einer gleichgeschlechtlichen Beziehung

Bundesgerichtshof

Beschluss vom 16.04.2008

Norm: § 1579 BGB

Schlagworte:

Härtegrund gemäß § 1579 Nr. 7 BGB, Grundsatz der Gegenseitigkeit im ehelichen Unterhaltsrecht, Widersprüchlichkeit des Verhaltens, Aufnahme einer gleichgeschlechtlichen Beziehung, Ausbruch aus einer intakten Ehe

Redaktionelle Zusammenfassung

Die mittlerweile geschiedene Frau verlangt von ihrem ehemaligen Ehemann die Zahlung von Trennungsunterhalt mit der Begründung, aus gesundheitlichen Gründen nicht erwerbsfähig zu sein. Die Frau verließ nach 25 Ehejahren die eheliche Wohnung und zog zu einer Freundin. Die ehemaligen Ehepartner haben zusammen fünf Kinder, von denen die drei jüngsten zum Zeitpunkt des Auszugs der Mutter noch im elterlichen Haushalt wohnten und nach der Trennung der Eltern weiter beim Vater wohnen blieben.

Der Bundesgerichtshof prüfte die Frage, ob der Inanspruchnahme des ehemaligen Ehemannes ein Härtegrund nach § 1579 Nr. 7 Bürgerliches Gesetzbuch entgegensteht. Demnach kann ein Unterhaltsanspruch zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen sein, wenn dies dem Unterhaltsschuldner - also hier dem ehemaligen Ehemann - gegenüber als grob unbillig erscheint, weil dem Unterhaltsberechtigten - also hier der ehemaligen Ehefrau - ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten zur Last fällt.

Im vorliegenden Fall hatte die Frau aufgrund einer sexuellen Umorientierung ihren Mann verlassen, war zu einer Freundin gezogen und hatte einige Monate später eine intime Beziehung zu dieser aufgenommen.

Der Bundesgerichtshof betont, dass es bei dem Anspruch auf Trennungsunterhalt grundsätzlich nicht auf die Gründe der Trennung ankommt und die Trennung als solche keine unterhaltsrechtlichen Sanktionen zur Folge hat. Jeder bedürftige getrennt lebende Ehegatte hat ohne Rücksicht auf die Gründe der Trennung Anspruch auf angemessenen Unterhalt.

Erst wenn sich der getrennt lebende Ehegatte gegen den Willen seines Ehegatten einem anderen Partner zuwendet und diesem die eigentlich dem Ehegatten geschuldete Hilfe und Fürsorge zuteil werden lässt, verletzt er das Prinzip der Gegenseitigkeit. In der Begründung einer eheähnlichen Gemeinschaft oder der Aufnahme eines auf längere Dauer angelegten intimen Verhältnisses mit einem neuen Partner kann laut Bundesgerichtshof eine Abkehr von der Ehe gesehen werden, die die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten auf Unterhalt als grob unbillig erscheinen lässt.

Der entscheidende Gesichtspunkt für die Annahme eines Härtegrundes gemäß § 1579 Nr.7 Bürgerliches Gesetzbuch ist laut Bundesgerichtshof also nicht in der Trennung als solcher zu sehen, sondern in der Widersprüchlichkeit des Verhaltens des Unterhaltsberechtigten, der sich zum einen aus der ehelichen Bindung löst, zum anderen aber die eheliche Solidarität durch ein Unterhaltsbegehren einfordert.

Dabei ist es regelmäßig nicht von Bedeutung, ob der Berechtigte sich im unmittelbaren Anschluss an die Trennung einem anderen Partner zuwendet oder ob dies erst zu einem späteren Zeitpunkt des Getrenntlebens geschieht. Wesentlich ist vielmehr, ob dieses Verhalten für das Scheitern der Ehe ursächlich war. Das wäre beispielsweise nicht der Fall, wenn die Aufnahme der neuen Beziehung erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem der andere Ehegatte sich seinerseits bereits von seinem Ehegatten abgewandt hat.

Dabei ist es völlig unbeachtlich, ob der sich trennende Ehepartner eine heterosexuelle oder gleichgeschlechtliche neue Beziehung eingeht. Entscheidend ist allein, dass er sich einem neuen Partner zuwendet. Das Fehlverhalten erscheint auch nicht in milderem Licht, wenn es sich um einen gleichgeschlechtlichen neuen Partner handelt.

Da das Oberlandesgericht Brandenburg keine Feststellungen dazu gemacht hatte, ob die Ehe der um den Trennungsunterhalt streitenden ehemaligen Eheleute zum Zeitpunkt der Trennung noch intakt oder bereits aus anderen Gründen gescheitert war, hat der Bundesgerichtshof die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht Brandenburg zurückverwiesen. Entscheidungserheblich ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs, ob sich die Trennung der Frau als Ausbruch aus einer intakten Ehe darstellt oder nicht.

Er weist außerdem ausdrücklich daraufhin, dass in dem Fall, dass das Oberlandesgericht zu dem Schluss kommt, bei der Frau liege ein schwerwiegendes, eindeutig bei ihr liegendes Fehlverhalten vor, in einem weiteren Schritt zu beurteilen ist, inwieweit ihr Unterhaltsanspruch unter Berücksichtigung der Ehedauer und der gemeinsamen fünf Kinder zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen ist.

Diese Entscheidung im Original nachlesen

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtspr…