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Nichtbefreiung von der Barunterhaltspflicht durch die im Rahmen eines Wechselmodells von einem Elternteil geleistete Kinderbetreuung

Bundesgerichtshof

Beschluss vom 05.11.2014

Norm: BGB §§ 1603 Absatz 2, 1606 Absatz 3

Schlagworte:

Wechselmodell, Nichtbefreiung von der Barunterhaltspflicht, gesteigerte Unterhaltspflicht, fiktives Einkommen

Redaktionelle Zusammenfassung

Sachverhalt

Die Antragstellerin verlangt als Trägerin der Unterhaltsvorschusskasse vom Antragsgegner, Vater der beiden Kinder F. (geb. 2004) und J. (geb. 2006), die Erstattung von ihr geleisteten Kindesunterhalt.

Die Eltern haben sich auf ein Betreuungsmodell verständigt, nach dem der Vater die Kinder an 6 von 14 Tagen betreut. Dies entspricht einem Verhältnis von 43 % zu 57 % Betreuungszeit.

Der Vater war zuletzt in einem Umfang von 30 Wochenstunden erwerbstätig. Zurzeit ist er arbeitslos. Das Oberlandesgericht hat ihn zum Unterhalt verpflichtet und dem Vater ein fiktives Einkommen zugerechnet, weil er seiner erhöhten Erwerbsobliegenheit nicht nachgekommen sei. In Anbetracht der zu berücksichtigenden Betreuungszeiten sei dem Vater neben der Tätigkeit im Umfang von 30 Wochenstunden entsprechend seiner früheren Tätigkeit eine zusätzliche Tätigkeit an Montag- und Dienstagvormittagen zumutbar.

Hiergegen geht er mit der zulässigen Rechtsbeschwerde vor. Er sei von der Barunterhaltspflicht aufgrund (im Wechselmodell) geleisteter Kinderbetreuung befreit.

Zusammenfassung

Der BGH bestätigte, dass der Vater seinen Kindern zum Unterhalt verpflichtet sei. Dass trotz gesteigerter Unterhaltspflicht keine zusätzliche über eine vollschichtige Tätigkeit hinaus gehende Nebentätigkeit erforderlich sei, nähme berechtigterweise auf seine geleistete Kinderbetreuung Rücksicht.

Allerdings führe die Kinderbetreuung nun nicht zur Befreiung von der Barunterhaltspflicht gemäß § 1606 Absatz 3 Satz 2 BGB. Das gelte unabhängig davon, ob die Eltern ein Wechselmodell praktizierten. Denn im Wechselmodell wird kein Elternteil vom Barunterhalt für das Kind befreit. Dies muss schon deshalb gelten, weil anderenfalls beide Elternteile vom Barunterhalt befreit wären, obwohl nur der Betreuungsbedarf des Kindes gedeckt wäre mit der Folge, dass der sächliche Bedarf gänzlich offen bliebe. So seien beide Elternteile im Wechselmodell zum Barunterhalt verpflichtet. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst neben dem sich daraus ergebenden - erhöhten - Bedarf insbesondere die Mehrkosten des Wechselmodells (vor allem Wohn- und Fahrtkosten), so dass der von den Eltern zu tragende Bedarf regelmäßig deutlich höher liegt als beim herkömmlichen Residenzmodell.

Für den vorliegenden Sachverhalt hat der BGH die Verneinung eines Wechselmodell bestätigt. Bereits rechnerisch gemessen an dem zeitlichen Einsatz der Eltern seien keine gleich langen Betreuungsphasen gegeben. Das Schwergewicht der Betreuung sei der Mutter zugeordnet mit der Folge, dass sie ihre Unterhaltspflicht durch Erziehung und Pflege im Sinne des § 1606 Absatz 3 Satz 2 BGB erfülle. Wem die Hauptverantwortung für die Kinderbetreuung zukomme, ist eine tatrichterliche Frage. Zu den Kriterien wird auf die voraus gegangene Entscheidung verwiesen (vgl. Zusammenfassung von BGH Beschl. v. 12.03.14, AZ XII ZB 234/13).

Es sei außerdem nicht entscheidend, ob die Betreuung an Werk- oder Feiertagen erbracht werde, weil andernfalls eine Unterhaltsberechnung für die Zukunft nicht möglich sei. Schließlich sei richtigerweise maßgeblich auf die individuelle Vereinbarung der Eltern abzustellen gewesen.

 

Diese Entscheidung im Original nachlesen

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