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Verminderung des Barunterhalts bei Umgang weit über das übliche Maß hinaus

Bundesgerichtshof

Beschluss vom 12.03.2014

Norm: BGB §§ 1601, 1606

Schlagworte:

Verminderung des Barunterhalts, erweiterter Umgang, Hauptverantwortung für Erziehung und Pflege, Wechselmodell

Redaktionelle Zusammenfassung

Sachverhalt

Die inzwischen geschiedenen Eltern streiten sich im Wesentlichen darum, ob erstens die praktizierte Betreuung ihrer 2001 geborenen Tochter einem Wechselmodell mit etwa gleichen Betreuungsanteilen entspricht und zweitens um die damit verbundene Frage der Barunterhaltspflicht des Vaters. Die Eltern teilen sich das Sorgerecht.

Die Tochter hält sich entsprechend einer Vereinbarung zwischen den Eltern in einem zweiwöchentlichen Rhythmus von Freitag bis Sonntag und darüber hinaus wöchentlich an zwei weiteren Tagen beim Vater auf. Sie macht, vertreten durch die Mutter, gegenüber ihrem Vater die Zahlung von Unterhalt geltend.

Das Amtsgericht verpflichtete den Vater zur Unterhaltszahlung, die auch das Oberlandesgericht in der zweiten Instanz bestätigt hat. Dagegen wendet er sich mit der Rechtsbeschwerde und verfolgt die vollständige Abweisung des Unterhaltsantrages weiter. Zur Begründung trägt er vor, dass eine Betreuung im Wechselmodell vorliege.

Zusammenfassung

Für den vorliegenden Sachverhalt hat der BGH ein Wechselmodell verneint. Bereits rechnerisch gemessen an dem zeitlichen Einsatz der Eltern seien keine gleich langen Betreuungsphasen gegeben. Den Einwand des Vaters, der zeitliche Vorsprung der mütterlichen Betreuung sei nur der Mehrzahl der Übernachtungen geschuldet, ließ der BGH nicht gelten. Denn auch die Tagesstrukturierung der Morgen- und Abendstunden stellten eine wichtige Betreuungsaufgabe dar, die von dem Elternteil wahrgenommen würde, bei dem das Kind die Nacht verbringe.
Das Gericht hat über den zeitlichen Aspekt hinaus weiterhin berücksichtigt, dass der Vater wegen der Besonderheiten des Schichtdienstes langfristig keine Betreuungszeiten zusagen könne und insbesondere sich die Mutter auf die Betreuung im Krankheitsfall und auf die kurzfristige Absage von Besuchszeiten einrichtete.

Vor diesem Hintergrund hat der BGH das Schwergewicht der Betreuung der Mutter zugeordnet mit der Folge, dass sie ihre Unterhaltspflicht durch Erziehung und Pflege im Sinne des § 1606 Absatz 3 Satz 2 BGB erfülle.

Daher bleibe es bei der grundsätzlichen Aufteilung zwischen Bar- und Betreuungsunterhalt der Eltern, d.h. bei der alleinigen Barunterhaltspflicht des Vaters. Daran ändere sich auch nichts, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil Betreuungs- und Versorgungsleistungen erbringt, die über das übliche Maß hinausgehen und sich die Ausgestaltung des Umgangsrechts einer Mitbetreuung annähert. Allerdings könne den Kosten eines solchen erweiterten Umgangs dadurch Rechnung getragen werden, dass bei der Ermittlung des Kindesunterhalts nach Tabellenwerten eine andere Eingruppierung innerhalb der Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle vorgenommen würde.

Denn die Düsseldorfer Tabelle sei lediglich ein Hilfsmittel für die Unterhaltsbemessung. Das mit ihrer Hilfe gefundene Ergebnis sei unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls auf seine Angemessenheit und Ausgewogenheit hin zu überprüfen. So könne „der Tatrichter bei der Ausübung seines Ermessens im Rahmen der Angemessenheitskontrolle die wirtschaftliche Belastung des Unterhaltspflichtigen (...) zum Anlass nehmen, den Barunterhaltsbedarf unter Herabstufung um eine oder mehrere Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle zu bestimmen oder – wie vorliegend – auf eine Hochstufung in eine höhere Einkommensgruppe zu verzichten“.

Darüber hinaus hat der BGH in der vorliegenden Entscheidung – allerdings ohne weitere begründende Ausführungen – die Auffassung geäußert, dass zusätzlich eine weitere Minderung des zu leistenden Barunterhalts möglich sei nämlich dann, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil den Unterhaltsbedarf durch andere Weise als durch Zahlung einer Geldrente teilweise deckt.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht hatte der BGH die Frage zu beantworten – und bejaht –, ob die Mutter im eigenen Namen den Unterhaltsanspruch der Tochter geltend machen durfte. Gemäß § 1629 Absatz 2 Satz 2 BGB ist dies für denjenigen Elternteil möglich, in dessen Obhut sich das Kind befindet. In Obhut sei das Kind dort, wo „der Schwerpunkt der tatsächlichen Fürsorge und Betreuung liegt, der mithin die elementaren Lebensbedürfnisse des Kindes nach Pflege, Verköstigung, Kleidung, ordnender Gestaltung des Tagesablaufs und ständig abrufbereiter emotionaler Zuwendung vorrangig befriedigt oder sicherstellt.“ Der BGH hat mit der gleichen Argumentation, die zur Verneinung eines Wechselmodells geführt hatte, auch hier den Schwerpunkt der Betreuung und damit die Obhut im Haushalt der Mutter angenommen.

 

Diese Entscheidung im Original nachlesen

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